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16. 01. 2024

Verena Hütter: Being Kafka

Das Goethe-Institut hat Franz Kafka eine Sonderausgabe seines Kulturmagazins „Zeitgeister“ gewidmet. Sie trägt den Titel „Being Kafka“. Internationale Autorinnen und Autoren gehen darin der Frage nach, warum Franz Kafkas Zauber einhundert Jahre nach seinem Tod so ungebrochen ist. Auch Leserinnen und Leser sind eingeladen, Kafkas Welten zu erkunden, auf Tiktok und im Comic. Und im begleitenden Podcast diskutieren internationale Kafka-Freunde über ihren Lieblingsschriftsteller.

Verena Hütter, Koordinatorin des Kafka-Specials in der Online-Redaktion der Zentrale des Goethe-Instituts in München stellt im folgenden Beiträge vor, die in verschiedenen Ländern an verschiedenen Goethe-Instituten entstanden sind und die eines gemeinsam haben: Sie zeugen von einer großen Verbundenheit ihrer Urheber zu Franz Kafka und seinem Werk.

Das Goethe-Institut mit Standorten in 158 Städten weltweit kann dazu beitragen, ein Bild zu zeichnen, wie Kafka im Jubiläumsjahr außerhalb von Österreich und Deutschland rezipiert wird, in Ländern, in denen Kafkas Schriften in Übersetzung gelesen werden.

Wir schauen zunächst nach Spanien: Kafka war kein fulltime-Schriftsteller. Unter anderem arbeitete er bei der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt des Königreichs Böhmen. Und damit ist er in guter Gesellschaft: Der Autor Guillermo Martínez aus Madrid stellt „Diez genios con profesiones raras“ vor: zehn Genies mit seltenen Brotberufen. Victor Millán aus Valencia widmet sich in seinem Text „En la cama con Kafka“ (Im Bett mit Kafka) dem Thema Sexualität. Und der spanische Autor David Granda, der von Wien aus unter anderem für „El País“ schreibt, schaut in „Los últimos días de Kafka“ auf die letzten Tage Kafkas im Sanatorium im österreichischen Kierling. Der Illustrator Roberto Maján aus Madrid schließlich drückt seine Kafka-Verbundenheit in Bildern aus: Er hat fünf Romane und Erzählungen Kafkas als Comics gestaltet: „Der Process“, „Amerika“, „Brief an den Vater“, „Die Verwandlung“ und „Ein Hungerkünstler“. Johannes von Stritzky vom Goethe-Institut Madrid hat Michael Sommer eingeladen. Der hat auf Youtube Werke von Kafka mit Playmobilfiguren nachgespielt. Zu seinem Publikum zählt eine ganze Horde verzweifelter Abiturientinnen und Abiturienten, die in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Kafka-Stoff aufnehmen möchten.

Aus Spanien geht’s weiter ins Nachbarland Frankreich: Für „Kafka auf der Couch“ hat Franziska Strasser vom Goethe-Institut Paris den Familienpsychologen Wolfgang Hantel-Quitmann befragt. In dessen Therapiesitzungen spielt Kafka nämlich eine große Rolle. Und in „Pourquoi tout le monde est-il obnubilé par Franz Kafka?“ (Warum sind alle verrückt nach Kafka?) geht Serena Smith der Frage nach, was dazu geführt hat, dass Kafka einhundert Jahre nach seinem Tod ein großer Star auf Tiktok ist. Ulrich Fügener vom Goethe-Institut Lyon hat den österreichischen Comiczeichner Nicolas Mahler interviewt. Von Nicolas Mahler erscheint zum Jubiläum im Suhrkamp Verlag der Band „Komplett Kafka“. Dazu gibt es eine Ausstellung des Literaturhauses Stuttgart, die auf Initiative aus Lyon in verschiedenen Goethe-Instituten weltweit zu sehen sein wird. Nicolas Mahler ist nicht der einzige Comiczeichner, der sich mit Kafka beschäftigt: In „Kafka im Reich der Comics“ stellt Ulrich Fügener knapp 20 internationale Graphic Novels und Comics vor, die sich um Kafka drehen.

Über den Atlantik geht es weiter nach Kanada, genauer gesagt nach Montréal. Marie-Pierre Poulin, Bibliothekarin am dortigen Goethe-Institut, präsentiert Kafka in ihrer Booktube-Reihe „Bonne Lektüre“. In kurzen Videos stellt sie „Die Verwandlung“ und „Der Process“ vor.

Von Nord- nach Südamerika: Der kolumbianische Autor Hernán D. Caro lebt in Berlin. Er schreibt über den Einfluss Franz Kafkas auf die Literatur Lateinamerikas und über ein Thema, das zu Unrecht lange nicht mit Kafka in Verbindung gebracht wurde: Humor.

Die Literatur-Professorin Rosy Singh spürt Kafkas Spuren in Indien nach, die in Malerei, Film und Literatur zu finden sind, unter anderem in den Werken von Dilip Ranade, Rohit Raj Mehndiratta, Anurag Kashyap und Zafar Anjum.

Es geht nun in Kafkas Heimat nach Prag. Dort hat sich der Kollege Tomáš Moravec auf Spurensuche begeben. In „Hier lebte Franz Kafka“ stellt er in kurzen Texten und Fotografien Orte in Prag vor, an denen Kafka gelebt hat und die ihm wichtig waren. Außerdem fragt er: Wem gehört Kafka und wer beansprucht ihn? Marc Weiland schreibt über Kafka und das Landleben. Die tschechische Filmjournalistin Alice Aronová erzählt in „Kafka im Kino“ davon, was Kino für ihn bedeutete, und welche Filme er sich am liebsten angeschaut hat.

Schließlich sind wir in Deutschland angelangt: Den Leitartikel unseres Kafka-Specials hat der Autor und Kafka-Biograf Reiner Stach geschrieben. Es geht dabei um die Frage, die als Überschrift des gesamten Specials dienen könnte: Warum empfinden wir Kafka einhundert Jahre nach seinem Tod noch immer als so modern und gegenwärtig?

Betrachtungen zur Bürokratie und zur Frage, warum Kafkas Darstellung von Bürokratie heute wie vor hundert Jahren Gültigkeit hat, stellt der Hamburger Autor Maximilian Buddenbohm an. Die Berliner Künstlerin Kitty Kahane hat die für Kafka wichtigsten Begriffe als Wortwolken gezeichnet. Die Wörter fügen sich zu Figuren aus Kafkas Werk zusammen.

Marta Krus aus der Online-Redaktion der Zentrale des Goethe-Instituts in München hat gemeinsam mit der Illustratorin Beatrice Davies einen Psychotest zusammengestellt, wie man ihn aus der einen oder anderen Zeitschrift kennt: Nachdem Sie einige Fragen beantwortet haben, werden Sie mit der Antwort auf die Frage konfrontiert „Wenn Sie eine Figur aus Kafkas Werken wären, welche Figur wären Sie?“

Die Berliner Autorin Amelie Kahl schreibt über Kafka und Mode. Der Berliner Autor Marius Goldhorn lässt Kafkas „Naturtheater von Oklahoma“ im Jahr 3666 weiterspielen. Und Werner Haas, Bibliothekar an der Uni Wien, erzählt davon, wie er 2.200 Seiten aus Kafkas Tagebüchern und Briefen digitalisiert hat – eine Schatztruhe, die nun allen offensteht. Wenn man in die Suchmaschine die entsprechenden Begriffe eingibt, kann man sich zum Beispiel einen kompletten Speiseplan zusammenstellen: Welche Speisen haben es in Kafkas Tagebuch geschafft? Was hat er gerne gegessen und wo? Die Food-Fotografin Aphra Adkins aus Washington D.C. hat Kafkas Lieblingsmenu nachgekocht, fotografisch in Szene gesetzt, und lädt Leserinnen und Leser ein, es ebenfalls nachzukochen.

Wer beim Kochen gerne Podcasts hört, dem sei „Zeitgeister On Air“ empfohlen. In insgesamt neun Folgen haben die Hosts Soraya Sarhaddi Nelson und Dina Elsayed vom transatlantischen Podcast „Common Ground Berlin“ internationale Gäste befragt, die erzählen, was sie an Kafka fasziniert, darunter der Krakauer Kafka-Kenner Grzegorz Jankowicz, der Frontman der Kafka Band Jaroslav Rudiš und die Schweizer Künstlerin Marianne Kolb, die – von Kafkas „Amerika“ inspiriert – in die USA ausgewandert ist.

Alle diese Beiträge und mehr finden Sie unter www.goethe.de/kafka100 auf Deutsch und unter www.goethe.de/kafka auf Englisch. Bonne lecture! Und: Happy Anniversary!