Programm
Leser, die sich intensiver mit Texten des in Prag geborenen deutschsprachigen Schriftstellers Franz Kafka (1883–1924) beschäftigen, stoßen fast zwangsläufig auf ein schwer erklärbares, widersprüchliches Phänomen. Einerseits wird ihnen Kafkas „Sound“ immer vertrauter – Stil, Tonlage, Wortschatz –, so dass sie auch bei weniger bekannten Texten seine Autorschaft schon nach wenigen Sätzen erraten können. Andererseits wird ihnen die immense sprachliche Bandbreite und Modulationsfähigkeit Kafkas immer bewusster. Dieser paradoxe Effekt ist auch aus anderen künstlerischen Bereichen bekannt, etwa bei Sängern.
Die szenische Lesung „Kafkas Stimmen“ ist eine Komposition von originalen Textpassagen, die auch weniger erfahrenen Lesern diese Vielfalt zu Gehör bringen und sie damit zu weiterer Lektüre verführen soll. Die Lesung bietet zahlreiche Momente der Überraschung und inneren Bewegung, phantastische Einfälle und abgründige Komik.
Kafka gelingt die Traumerzählung ebenso wie der Liebesbrief und das amtliche Schreiben, der Aphorismus und die durchkomponierte Kurzprosa, die Parabel und der Slapstick, die theaterhafte Romanszene, das literarische Tagebuch und manchmal alles gleichzeitig und ineinander verschränkt, ohne dass man je das Gefühl hätte, dass der Autor die Kontrolle verliert.
Textkomposition und Einführung: Reiner Stach, Germanist und Autor einer dreibändigen Kafka-Biografie (S. Fischer, 2002–2014).
Max Simonischek absolvierte ein Schauspielstudium am Mozarteum, Salzburg. Engagements u. a. am Wiener Burgtheater, an den Münchner Kammerspielen, bei den Salzburger Festspielen. Zahlreiche Preise, darunter der Nestroy-Theaterpreis. 2015 inszenierte und spielte Max Simonischek erstmals am Zürcher Neumarkt-Theater Kafkas Der Bau; sein Stück Kafka stirbt hatte im Juni 2022 Uraufführung am Theater Innsbruck.
Wiebke Puls studierte Schauspiel in Berlin. Engagements in Hannover und Hamburg, seit 2005 an den Münchner Kammerspielen. Zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt der 3sat-Preis.
Eintritt: 12 € / 7 € (Abendkasse)
Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Literaturhandlung München. Gefördert aus Mitteln des Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales.
Foto: Wiebke Puls © Josef Beyer
Foto: Max Simonischek © Fabian Schellhorn